Akzente präsentiert

Leseempfehlungen

Sechs Bücher, die Sie nicht verpassen sollten.
Jeden Monat stellen wir Ihnen eine handverlesene Auswahl an besonderen Leseempfehlungen vor. Lassen Sie sich inspirieren und entdecken Sie neue literarische Schätze.

Iulian Ciocan

Am Morgen kommen die Russen

Als Russland 2014 die Krim besetzte und einen Krieg in der Ostukraine begann, schrieb der moldauische Schriftsteller Iulian Ciocan noch an seinem Roman ‚Am Morgen kommen die Russen‘ (2015). Es ist eine fast hellseherische Satire auf eine russische Invasion aus dem separatistischen Transnistrien der Republik Moldau.In dem Roman versucht ein junger Akademiker, seinen Roman über eine russische Invasion in die Republik Moldau zu veröffentlichen. Der Roman verknüpft zwei faszinierende Geschichten, wobei das Fantastische durch die real existierende Wirklichkeit vorweggenommen wird. Wie die Prophezeiung einer düsteren und von Unsicherheiten geprägten Zukunft. Der Autor beschreibt mit bissigem Humor die postsowjetische Gesellschaft in der moldauischen Hauptstadt Chi¿in¿u und beleuchtet die enormen Spannungen zwischen der rumänisch- und der russischsprachigen Bevölkerung sowie die politischen und sozialen Probleme, die sich seit der Unabhängigkeit der Republik Moldau abzeichnen.

Jehona Kicaj

ë

Ein stilles und zugleich sprachmächtiges Buch, das vom Verlust der Heimat durch Krieg, von Schmerz und Sprachverlust erzählt. In diesem ergreifenden Debüt findet die Autorin eine großartige eigene Sprache.
Der ungewöhnliche Titel ‚ë‘ steht für einen Buchstaben, der in der albanischen Sprache eine wichtige Funktion hat, obwohl er meist gar nicht ausgesprochen wird. Als Kind von Geflüchteten aus dem Kosovo ist die Erzählerin auf der Suche nach Sprache und Stimme. Sie wächst in Deutschland auf, geht in den Kindergarten, zur Schule und auf die Universität, sucht nach Verständnis, aber stößt immer wieder auf Zuschreibungen, Ahnungslosigkeit und Ignoranz.Als der Kosovokrieg Ende der 90er-Jahre wütet, erlebt sie ihn aus sicherer Entfernung. Doch auch in der Diaspora sind Krieg und Tod präsent – sie werden nur anders erlebt als vor Ort.
Der Roman ‚ë‘ erzählt von dem in Deutschland kaum bekannten Kosovokrieg und erinnert an das Leid von Familien, die ihre Heimat verloren haben, deren ermordete Angehörige anonym verscharrt wurden und bis heute verschollen oder nicht identifiziert sind. Eine Vergangenheit, die nicht vergehen kann, weil sie buchstäblich in jeder Faser des Körpers steckt, wird von Jehona Kicaj im wahrsten Wortsinn zur Sprache gebracht.

Dorothee Elmiger

Die Holländerinnen

Dorothee Elmigers neuer, bildgewaltiger Roman – eine mitreißende Erfahrung. Wer diesen Text betritt, fällt in den Abgrund unserer Welt und blickt mit aufgerissenen Augen in die Finsternis. Nominiert für den Deutschen Buchpreis und den Bayerischen Buchpreis 2025.
Mit blinkenden Warnlichtern fährt die Erzählerin, eine namenlose Schriftstellerin, an den Straßenrand, als ein unerwarteter Anruf sie erreicht. Am Apparat ist ein gefeierter Theatermacher, der sie für sein neuestes Vorhaben zu gewinnen versucht – ein in den Tropen angesiedeltes Stück, die Rekonstruktion eines Falls. Wenige Wochen später bricht sie auf, um sich der Theatergruppe auf ihrem Gang ins tiefe Innere des Urwalds anzuschließen. Dorothee Elmiger erzählt eine beunruhigende Geschichte von Menschen und Monstren, von Furcht und Gewalt, von der Verlorenheit im Universum und vom Versagen der Erzählungen.

Stefan Busch

Über den Sex, den Romane verschweigen

Wenn Romane vom Sex der Liebenden nicht explizit erzählen, füllt die Vorstellungskraft des im Leben und Lesen erfahrenen Publikums die Lücken. Einst durften Autoren wie Flaubert und Fontane nichts zeigen, sie fanden aber Wege, die verbotenen Akte vor aller Augen geschehen zu lassen. Und heute, wo anything goes gilt und das Angebot an erotischen Bildern reichlich ist? Auf welche Spiele mit der Liebe einigen sich aktuelle Romane mit ihren Leserinnen und Lesern?Wie funktionierte Homers Beschreibung von Odysseus‘ Abenteuern auf den ‚Lagern der Liebe‘, und was hat es auf sich mit dem Phänomen der ‚Sexbeschreibungsverweigerung‘ in der Gegenwartsliteratur, in der Peter Handke als Haupt- und Totalverweigerer agiert?Dieser schwungvolle Essay betrachtet das Spiel und seine Regeln mit Witz und unterhaltsamen Seitenblicken auf die Weltliteratur.

Solvej Balle

Über die Berechnung des Rauminhalts IV

Die Zahl derer, die im 18. November feststecken, wird immer größer. Tara Selter wohnt mit einer Handvoll Zeitgefangener in einer Villa in Bremen, doch beinahe täglich klopfen neue Menschen an die Tür. Langsam wird klar, dass es weltweit viel mehr Personen gibt, die nicht am 19. aufwachen, als zunächst angenommen. Weitere Gruppen bestehen in Osnabrück, aber auch in Lüttich, Lugano und Lyon. Die regelmäßigen Treffen der Bremer Runde werden genutzt, um eine gemeinsame Sprache zu entwickeln, in der sich alle über ihre außergewöhnliche Lage austauschen können. Denn hat es Sinn, in einer Zeit, die keine Jahre und Jahreszeiten kennt, von Wochen und Monaten zu sprechen? Und wie sollten sie sich selbst nennen, wie die anderen? Loopers und noopers, tracers und erasers? Doch mit dem steten Zustrom von Neuankömmlingen werden die Diskussionen um linguistische Spitzfindigkeiten bald verdrängt durch ethische Fragen, die die Bewohner und ihre zahlreichen Besucher umtreiben: Gilt es, die Gelegenheit beim Schopf zu packen, um tägliche Tragödien in der Welt zu verhindern, oder sich den Risiken des eigenen Älterwerdens zu widmen? Es ist nicht nur die Verletzbarkeit von Tara und ihren Freunden, die Sorgen bereitet, sondern auch die Gefahr, die von ihnen ausgeht – denn im Gegensatz zum Handeln der anderen, deren Tag stets von Neuem beginnt, bleibt das ihre nicht ohne Folgen.

Sabine Bergk

Wilde Magneten

»Liebesgedichte zu schreiben ist ein Drahtseilakt, entweder wird es schnell peinlich – oder es ist so notwendig wie Brot.« (Sabine Bergk) Was passiert, wenn uns das Leben überrascht und sich mit einem Mal die ganze Welt in Liebe verwandelt? Ist es nur eine Illusion oder öffnet sich in uns eine tiefere Welt universeller Verbundenheit? In ihren Gedichten erkundet Sabine Bergk die vielfältigen Facetten einer Reise in das eigene Herz – schonungslos, hingebungsvoll und radikal ehrlich. (mit einem Vorwort von Anton G. Leitner)

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